Nachhaltigkeitsrats-Vorsitzender: „Ich halte es für einen Fehler, zu entschleunigen"
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12:00
Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung, spricht mit GREEN.WORKS über die Nachhaltigkeitstransformation, über gemeinsame Zielvorstellungen, überforderte Unternehmen und glückliche First Mover.
Der Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung, Reiner Hoffmann, sieht die gesellschaftliche Akzeptanz der Nachhaltigkeitstransformation gefährdet. „Wir drohen die Akzeptanz der Bevölkerung zu verlieren“, sagte der Regierungsberater im Interview mit GREEN.WORKS, der zentralen Nachhaltigkeitsredaktion der dfv Mediengruppe. Gerade jetzt in einer schwächelnden Konjunktur fragten sich die Menschen: Können wir uns das noch leisten oder müssen wir entschleunigen? „Das halte ich für einen Fehler, zu entschleunigen. Für Unternehmen liegen riesige Chancen in der Transformation.“ Der Rat für Nachhaltige Entwicklung berät die Bundesregierung zu Fragen der Nachhaltigkeitspolitik.
Hoffmann verwies im Gespräch mit GREEN.WORKS darauf, dass laut Umfragen 70 Prozent der Menschen weiterhin davon überzeugt seien, dass der Klimawandel eine der größten Herausforderungen ist. In einer KFW-Umfrage sagten jüngst auch 82 Prozent von mehr als 6000 befragten Haushalten, dass sie die Energiewende für sehr wichtig oder wichtig hielten.
„Ich bin überzeugt, dass es gelingen kann, die Akzeptanz der Menschen zurückzugewinnen“, so Hoffmann. Dafür müssten Zielkonflikte offen angesprochen, Menschen zu Beteiligten gemacht und Lösungen sehr konkret diskutiert werden. Es dürfe nicht weiter der Eindruck erweckt werden, dass es für alles lediglich eine technische Lösung gebe und dass die Politik das schon regelt. „Das ist so ein bisschen die Attitüde aus dem Kanzleramt und die halte ich für sehr problematisch.“
Der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes betonte auch: „Die soziale Frage gehört an den Anfang der Überlegungen und nicht hintendran als Trostpflaster. Die Menschen wollen sich Nachhaltigkeit leisten können, ohne vom Staat alimentiert zu werden.“ Wirtschaftliche Interessen, Soziales und Ökologie müssten besser miteinander verknüpft werden.
Der Regierungsberater mahnte, dass viele Unternehmen die Transformation nicht entschlossen genug angegangen seien. „Das merken wir sehr klar im Bereich der Digitalisierung, aber auch bei der Dekarbonisierung“, so der Ratsvorsitzende. „Beide Trends werden seit Jahren diskutiert. Viele Weichen sind gestellt worden, doch Unternehmen haben an alten Geschäftsmodellen festgehalten. Diese Kritik kann ich ihnen nicht ersparen. Die First Mover kriegen jetzt natürlich Wettbewerbsvorteile. Das ist auch richtig so!“
Er betonte allerdings auch, dass es Branchen gebe, die mehr staatliche Unterstützung benötigen würden. „Nehmen wir die energieintensiven Branchen, die Stahl-, Zement-, Aluminium- oder Chemieindustrie: Für die sind die hohen Energiepreise ein Problem“, so Hoffmann. „Die sind aber nicht nur der Nachhaltigkeit geschuldet, sondern auch den geopolitischen Verwerfungen. Da braucht es Hilfe, wie es die Gewerkschaften immer gefordert haben.“ Er sei „enschieden der Meinung, dass wir diese Grundstoffindustrien brauchen, wenn wir ein Industrieland bleiben wollen.“ Das koste Geld, und „das muss man dann auch in Form von Investitionshilfen oder Brückenstrompreisen oder anderen Instrumenten bereitstellen“.
Das vollständige Interview gibt es hier.
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